Unsere Stadtgeschichte

Bergen - dieser Ortsname kommt aus dem Slawischen („Gora“=„Berg“) und wurde später eingedeutscht.

Bereits vor der Eroberung Rügens durch die Dänen im Jahre 1168 befand sich hier die slawische Siedlung Gatmund mit einem Begräbnisplatz und einer Markt- und Gerichtsstätte. Die Siedlung gehörte zur Burganlage des RUGARD (slaw. „Rügenburg“) auf dem heutigen Rugard-Berg (91m ü.NN). Das Gelände war unbewaldet und von allen Seiten einsehbar. Im letzten Drittel des 12. Jahrhunderts diente die Burg dem Fürsten JAROMAR I. als Herrschaftssitz.

Unter dem Einfluß der dänischen Missionierung war es auch JAROMAR I., der um 1180 den Bau der Marienkirche als Palastkirche (Pfalzkirche) beginnen ließ. Die Kirche weist in ihrer Architektur enge Beziehungen zur dänischen Backsteinkunst auf. 1193 stiftete der Fürst die Kirche dem Zisterzienser-Nonnenkloster, das sich unmittelbar neben der Kirche ansiedelte und Nonnen aus dem dänischen Kloster Roskilde beherbergte. Das Kloster war gut mit Grundbesitz ausgestattet und innerhalb von 50 Jahren nach der Klostergründung war der Besitz auf 23 rügensche Höfe bzw. Anteile daran angewachsen. Das Kloster besaß ferner das Braurecht, Gänse und Lämmerzehnt, den Mahlzwang, die Einnahmen aus Krügen sowie die Schutzherrschaft über die sich entwickelnden Handwerkerzünfte.

Ende des 14. Jahrhunderts wurde die Marienkirche zu einer gotischen Hallenkirche umgebaut. Der Turm stammt aus dem 15. Jahrhundert. Tiefgreifende Restaurierungen zwischen 1896 und 1902 brachten Änderungen und Ergänzungen am Außenbau.

Das Innere der kreuzgratgewölbten Kirche wird von drei Stilepochen geprägt: Die bedeutenden Wandmalereien im Chor und Querschiff stellen das einzig erhaltene Beispiel einer spätromanischen Totalausmalung nach einheitlichem Programm in Norddeutschland dar. Sie wurden Ende des 19. Jahrhundert freigelegt und zum Teil verfälscht wiederhergestellt. Seit mehreren Jahren bemüht man sich intensiv um die Rettung dieser Malereien.

Die Ausstattung stammt mit Ausnahme der Granitfünte in der mittleren Nordkapelle weitgehend aus der Zeit des Spätbarock: der Altar mit hölzernem Säulenaufbau und die Beichtstühle entstanden um 1730, die aufwändige Kanzel um 1775.

Im Zuge der umfassenden Restaurierung um 1900 kamen das Gestühl, die Emporen und die Orgel in die Kirche.

Unter den erhaltenen Abendmahlgeräten ist ein romanischer Goldkelch das herausragende Stück.

Vom ursprünglichen romanischen Backsteinbau haben sich im Osten der Chor mit der Apsis und das anschließende Querhaus, die südliche Außenwand sowie der Westbau mit einer Herrschaftsempore erhalten. An der Nordseite der Kirche fanden eine Reihe von Grabstellen und –platten vom 1829 aufgelassenen alten Kirchhof einen neuen Platz.

An der äußeren Westwand ist ein interessanter Granitstein eingemauert, der sicher auch der älteste Bestandteil der Kirche ist. Er zeigt einen stehenden Mann mit angewinkelten Armen im weiten Mantel und einer Mütze (vgl. Stein im Chor der Kirche in Altenkirchen!). Während man früher davon ausging, es handele sich um eine Darstellung des slawischen Gottes SWANTEVIT, so wird der Stein heute eher als Grabstein des zum Christentum bekehrten Rügenfürsten JAROMAR I. gesehen.

Bis zum Tode des letzten Rügenfürsten und bekannten Minnesängers, WITZLAW III. (gest. 1325), wurde Rügen unter starkem dänischen Einfluß von Bergen aus regiert. Erst dann fiel die Insel gemäß Erbvertrag an das Herzogtum Pommern. Die Burg auf dem Rugard verlor an Bedeutung und verödete, so daß heute nur noch der alte Burgwall existiert.

Neben dem Kloster ist im 13. Jahrhundert der Flecken BERGEN entstanden. Der Name BERGEN ist erstmals um 1318 bezeugt.

Die neuen Siedler waren zunächst bei einer auf dem Rugard errichteten Kapelle eingepfarrt. Nachdem diese 1375 abgerissen wurde, erhielt die Gemeinde das westliche Langschiff der Klosterkirche; der östliche Teil mit dem Hochaltar war den Nonnen vorbehalten.

1355 gestattete das Kloster den Schumachern die Gründung eines eigenen Gewerkes, 1384 den Kürschnern, 1408 den Gewandschneidern, später den Leinewebern, Schmieden und Schlächtern.

1445 wurden Kloster und Stadt weitgehend durch einen verheerenden Brand zerstört. Weitere Stadtbrände (1538, 1621, 1690, 1715, 1726) veränderten das Stadtbild immer wieder. Besonders fatal war die schlechte Wasserversorgung durch einige wenige Brunnen am Fuße des Ortes. Sogenannte Wasserfahrer mußten das kostbare Nass sehr aufwändig in die Speicherbecken verbringen, z.B. den Steinsod oder den Balkensod.

Der Landtag zu Treptow beschloß 1534 die Einführung der Reformation in ganz Pommern. Im Zuge der Säkularisierung der Klöster fiel das Bergener Kloster 1535 mitsamt Grundbesitz und Inventar an den pommerschen Herzog, der es in eine „Zuchtschule für adlige Jungfrauen“ umwandeln ließ.

Das Probsteigebäude (Vogtei) ließ Herzog Phillip Julius von Pommern-Wolgast 1605-1611 zu einem Jagdschloß ausbauen, auf dessen Ruinen 1708 das königlich-schwedische Amtshaus errichtet wurde.

Die beiden heute noch vorhandenen Stiftsgebäude stammen von 1732.

Anfang des 16. Jahrhunderts gab es in Bergen 9 geistliche Bruderschaften, eine Kaland-Bruderschaft für Geistliche und Adlige sowie eine Elenden-Bruderschaft für Fremde und fahrende Gesellen.

Der Ort hatte noch keinen Rat, keinen Bürgermeister, kein Rathaus usw. das Kloster hatte viier Quartiermeister eingesetzt, die für Ruhe, Sicherheit und Ordnung zuständig waren. Das Kloster kassierte die Abgaben der Zünfte, Handwerker und Gewerbetreibenden.

Aus jener Zeit, nämlich von 1538, stammen übrigens wesentliche Teile des ältesten erhaltenen Wohnhauses der Stadt, dem BENEDIX-Haus, das heute Sitz der Stadtinformation ist.

Obwohl sich die ersten städischen Funktionen längst herausgebildet hatten, fehlten immer noch wichtige Voraussetzungen zur Erteilung des Stadtrechtes:

  • Unabhängigkeit vom Kloster
  • Recht auf Selbstverwaltung durch die Bürger
  • Recht auf Errichtung einer Stadtbefestigung

Am 30.06.1613 wurde der Bevölkerung Bergens die Urkunde über die Verleihung des Stadtrechtes verlesen, welche der Herzog Philip Julius am 19.06.1613 unterzeichnet hatte.

Bergen hatte 1650 rund 180 Häuser und ca. 1.800 Einwohner, Ende des 17. Jh. rund 200 Häuser und ca. 2.100 Einwohner und Mitte des 18. Jh. rund 294 Häuser und ca. 1.435 Einwohner.

Der Markt diente nicht nur für Märkte, sondern hier befanden sich auch die Gerichtsstätte und der Marktpfuhl (bis 1891), der zugleich als Feuerlöschteich genutzt wurde.

Zu Bergen gehörten damals rund 2.900 Morgen Land, 53 Scheunen und 94 Stallanlagen, die von 16 Ackerleuten bewirtschaftet wurden, außerdem 42 Gewerkszweige mit 181 Handwerksmeistern und Gewerbetreibenden, 32 Tagelöhner, 28 „Studierte“ (Landvogt, Apotheker, Chirurgus, Lehrer etc.). Es gab rund 20 Gasthöfe und Weinstuben.

1780 entstand das erste Krankenhaus.

1788 gab es 13 Fischer auf dem nahegelegenen Jasmunder Bodden, die seit 1613 das Fischereirecht besaßen. Über den Pram (=Bram = Landungsbrücke) bei Zittvitz, der noch 1898 in der Rolle der Kaufmannskompanie Erwähnung fand, wurden Holztransporte und der Warenumschlag für die Stadt abgewickelt.

1823 und 1853 nahmen zwei Lederfabriken die Arbeit auf (seit 1863 und 1875 mit Dampfmaschinen), 1869 eine Maschinenfabrik mit 14 Arbeitern, 1890 die Molkerei mit 3 Arbeitern und 1898/99 das Wasser- und Elektrizitätswerk (E-Werk 1915 stillgelegt).

1860 baute die katholische Gemeinde ihre Kirche.

Ab 1830 wurde der Rugard auf Weisung des Fürsten MALTE I. zu Putbus aufgeforstet; bis dahin gab es dort keinen Baumbestand. 1877 entstand auf dem Rugard zu Ehren von Ernst Moritz ARNDT (heute ein nicht unumstrittener Patriot, Dichter und Publizist, 1769 Groß Schoritz – 1860 Bonn) ein 27 Meter hoher Aussichtsturm.

Ende des 19. Jahrhunderts begann die erste Blütezeit des Fremdenverkehrs auf Rügen und auch in Bergen entstanden Hotels und Gasthäuser. In den Jahren 1848 – 1869 wurden die Straßenverbindungen nach Altefähr, Jasmund und Putbus befestigt. Ab dem 01.07.1883 verkehrten Züge von und nach Altefähr. Der Dammbau bei Lietzow (um 1860) war Voraussetzung dafür, daß am 01.07.1891 die Bahnverbindung nach Saßnitz aufgenommen werden konnte. 1890 startete der Zugverkehr nach Putbus-Lauterbach, 1896 die Kleinbahn-Verbindung nach Altenkirchen.

1891 wurde am Markt das sehenswerte Postamt (wilhelminischer Stil) eröffnet.

1913 entstand die Realschule, das heutige Gymnasium. Um 1929 wurden die Volksschule, eine private Mädchenschule, eine Landwirtschaftsschule und die neue Molkerei gebaut.

1933 wurden die Vororte Dumsevitz, Kaiseritz, Neklade, Siggermow und Zittvitz eingemeindet.

1937 wurde eine Fuchsfarm eröffnet.

Nach 1945 und in der damaligen DDR spielte der Fremdenverkehr in Bergen keine Rolle mehr. Die Stadt vergrößerte sich zusehends. Es entstanden neue Stadtteile und auch das Gewerbegebiet.

- entnommen aus Schulungsmaterialien für Reiseleiter Rügen -

 

Wappen der Stadt Bergen auf Rügen
Wappen der Stadt Bergen auf Rügen

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Magister Historicus | Uwe Hinz
Magister Historicus | Uwe Hinz

Damals ...

Einer der großen Söhne unserer Stadt, der Schriftsteller, Maler und Heimatforscher Johann Jacob GRÜMBKE
(1771 - 1849), schilderte Bergen im Jahre 1805 wie folgt:

„...In der Ferne gewährt sie ... von allen Seiten einen vorteilhaften Anblick. Hier ruhen Häuser auf einer Bergecke..., dort schweben blühende Gärten terrassenförmig übereinander...- sobald man aber den Ort selbst erreicht, wie sehr findet man sich getäuscht ... holprige abschüssige Wege, schiefe, schlecht gedämmte, zum Teil ungepflasterte Straßen und Durchgänge, ... höchstens mittelmäßige Häuser, die ohne Ordnung bald hier, bald dahin gesetzt sind... man glaubt, in die elendeste Landstadt gekommen zu sein, ein Glaube, in dem man dadurch, daß Bergen weder Mauern noch Tore hat, noch mehr gestärkt wird ... und selbst der Marktplatz ist ungestalt und schiefwinklig.“

Bis heute hat sich natürlich vieles verändert, aber es sind trotzdem erinnernswerte und mahnende Worte zugleich.